Dirigent Sir Georg Solti war sich sicher: Die 1994 von ihm dirigierte La Traviata am Royal Opera House in London gehört ins Abendprogramm der BBC. Diese reagiert und hebt die Oper live und zur besten Sendezeit ins Programm. Es ist vor allem die rumänische Newcomerin Angela Gheorghiu in ihrem Rollendebüt als Violetta, die Solti, die Senderchefs der BBC und schließlich das Publikum in ihren Bann zieht. Schnell spricht sich die Qualität der Inszenierung herum, sämtliche Vorstellungen sind bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die Kurzfristigkeit von nur einer Woche Vorlauf stellt die BBC und das Opernhaus vor ungekannte Herausforderungen. Wegen der wenigen Vorbereitungszeit teilen sich zwei Kameraregisseure die drei Akte untereinander auf, auf eine filmgerechte Ausleuchtung wird verzichtet. Trotz all der Widrigkeiten gelingt der Kraftakt und La Traviata live wird zur Sensation. Angela Gheorghius Violetta ist eine fragile und zugleich kraftvoll liebende Person. Frank Lopardo steht mit ihr als aufbrausender Alfredo Germont und Leo Nucci als dessen Vater auf der Bühne. Ein Trio, das die Zuschauerinnen und Zuschauer musikalisch wie visuell in die Liebesgeschichte hineinzieht. Mit Geräumigkeit und Opulenz gibt das Bühnenbild dafür den passenden Rahmen. Es lädt zu einem Blick in die Pariser Oberschicht des 19. Jahrhunderts ein, ohne kitschig zu sein. Angela Gheorghiu und Frank Lopardo, einst in den Hauptrollen, werfen einen Blick zurück auf den wegweisenden Moment. Eine frische Einordnung der Inszenierung wagen unter anderem der Musikkritiker Nick Sternitzke und die Autorin und Prostituierte Salomé Balthus.